Programm Studiokonzert Würzburg Montag, 7. April 2014
Planungsstand: März 2014
DREI GALGENLIEDER (1964/2013)
für hohe Frauenstimme und Klavier nach Gedichten von Christian Morgenstern (1871–1914)
Der Rock • Das Wasser • Die Hystrix
Das einarmige Kreuz ohne Kopf mit der Basis über dem Winkel gibt Christian Morgensterns Gedichtsammlung von 1905 den Titel. Zusammen mit Palmström und Palma Kunkel sind seine Galgenlieder wohl am bekanntesten geworden und bei vielen Komponisten als Vorlage beliebt. Weniger Erfolg hatte Morgenstern mit seinem ernsten lyrischen, dramatischen und schriftstellerischen Schaffen. • Vor bzw. zu Beginn meiner Studienzeit entstanden, damals gesetzt für Bassbariton, wurden diese drei Lieder auf Vermittlung von Bertold Hummel 1964 am Bayer. Staatskonservatorium in Würzburg uraufgeführt und anschließend vom Bayer. Rundfunk, Studio Nürnberg, aufgenommen – 2013 umgearbeitet, um sie gemeinsam mit der Sopranistin Regina J. Kleinhenz aufzuführen.
AUFFORDERUNG ZUR BESCHEIDENHEIT (1966/2012)
Drei Epigramme nach Erich Kästner (1899–1974) für Frauenstimme und Klavier
Aufforderung zur Bescheidenheit • Elegie conditionalis • Junge Dame vorm Sarggeschäft
Ein Epigramm ist ein Sinnspruch, ein sehr kurzes, oft ein Spottgedicht. Es soll Erwartung wecken und dann überraschend Auskunft geben. Diese Regel veranschaulicht ein Beispiel, das Erich Kästner auf einem Südtiroler Marterl vorfand: einem tödlich verunglückten Holzknecht gewidmet, hebt es mit der gewagten Behauptung an „Es ist nicht weit zur Ewigkeit.“ Es folgt der wahrhaft überraschende Aufschluss „Um acht ging Martin fort, um zehn Uhr war er dort.“ • Die vorliegenden drei Kurzgedichte wurden 1966 für mittlere Männerstimme vertont und am Bayer. Staatskonservatorium uraufgeführt, 2009 umgearbeitet für Dorothe Kimmich, also für tiefe dramatische Altstimme. Heute Abend erklingt die eigens für Gigi Pfundmair erstellte dritte Fassung für hohe Stimme. In diesen Texten verwirklicht Kästner auf drastische Weise die Doppelregel Erwartung und Pointe. Sein Witz ist scharf und dunkel – ein Optimist ist er gewiss nicht.
Begrüßung: Prof. Dr. Christoph Wünsch, Leiter des Studio für Neue Musik Würzburg
ES TILGEN FEUERZUNGEN (2012)
Sieben Miniaturen (Wortfantasien) für Klavier allein zu vier Händen nach Gedichten von Ossip Mandelstam (1891–1938)
1. Der hohle Laut • 2. Keine Worte • 3. Aus schwülen Finsternissen • 4. Du kommst wieder! • 5. Dein Gesicht • 6. Die Luft – vertrunken • 7. Es tilgen Feuerzungen
Elf Stücke mit dem Untertitel Wortfantasie sind seit 2006 entstanden. Es ist hier nicht der Platz, um diese Werkgattung ausführlich zu erklären. Nur soviel: der Text ist Wort für Wort für das Instrument auskomponiert, er steht in den einzelnen Stimmen des Notensatzes, und die Ausführenden müssen die Worte innerlich mitgestalten, gleichsam mitsingen, ansonsten würden sie an der Musik vorbei spielen. • Der russische Dichter Ossip Mandelstam, im Verlauf der Stalinschen „Säuberungen“ der 1930er Jahre nach Sibirien deportiert und dort auf elende Weise umgekommen, ist bei uns noch wenig bekannt. Seine großartige, oft enigmatische Lyrik ist (Zitat Paul Celan, gekürzt) „der Ort, wo Sprache um jene Mitte versammelt wird, von der her sie Gestalt und Wahrheit gewinnt: um das die Stunde, die eigene und die der Welt, den Herzschlag und den Äon befragende Dasein des Einzelnen. Das Mandelstamsche Gedicht, das aus seinem Untergang wieder zutage tretende Gedicht eines Untergegangenen, geht uns Heutige an.“
DREI LIEDER (2013)
für Sopran/zwei Soprane und Klavier nach Gedichten von Eduard Mörike (1804–1875)
Denk es, o Seele! • Ratschlag • Eifersucht
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LAMENT (2012) • UA
Melodram für Sprecher (Tonträger) und Klavier auf Dylan Thomas’ (1914–1953) eigene Rezitation seines Gedichts
Ein sterbender Wüstling blickt noch einmal zurück auf sein Leben – kein Text für Betschwestern! Trotz der Einseitigkeit dieser Klage und ihrer bestürzenden erotischen Direktheit gelingt Thomas ein Gedicht von höchster literarischer Qualität und Überzeugungskraft, und er selbst als Sprecher ist einfach überwältigend. • Die Schwierigkeit der Komposition und erst recht ihrer pianistischen Ausführung ist in der selbstgestellten Aufgabe begründet: Ausgehend von der Rezitation des Dichters vom Tonträger sollte eine Musik entstehen, die seiner stark rhythmisierten, hochmusikalischen Sprachdarstellung, agogisch vollkommen angepasst, wie angegossen ist – und doch selbständig, nicht einfach nur „im Hintergrund“.
LES AMANTS ET LA MORT (2008/12) • UA
Pas de deux/Pas de trois pour Violon, Clarinette et Piano
Das einzige Werk des heutigen Abends ohne Text; aber eigentlich ist auch dies Programm-Musik. Will man sich das kleine, dreiteilige Menuett, getanzt als Ballett, bildhaft vorstellen, dann könnte das etwa so aussehen: Der Tod als Statue, vor der die beiden Liebenden den Pas de deux ausführen. Die Statue tritt vom Podest herab, ein steinerner Gast – in seiner Art bewegt auch er sich tänzerisch. Es entwickelt sich ein Pas de trois …
TRAUM UND UMNACHTUNG (2011) • UA
Melodram für Sprecher und zwei Klaviere nach einer Prosadichtung von Georg Trakl (1887–1914)
An diesem Stück hat der gesprochene Text, auch zeitlich gesehen, einen gewichtigen Anteil. Georg Trakls vom literarischen Niveau her unbestritten hochrangige Dichtung bildet in meiner Kurzoper BLAUBART. TRAUM UND UMNACHTUNG das Zwischenspiel zwischen 1. und 2. Szene (in der Blaubart dann auftritt) • Trakls völlig unbekanntes Puppenspielfragment BLAUBART von 1910 wird allgemein als Machwerk, ja als Lachnummer beurteilt; es taucht in kaum einer Werkliste auf, wohl weil seine Existenz als peinlich empfunden wird. Warum ich darin ein Libretto par excellence gefunden habe, braucht hier nicht kommentiert zu werden. • Trakl schuf diese beiden sehr unterschiedlichen Texte ohne Zusammenhang, soviel bekannt ist. Traum und Umnachtung war jedoch abgedruckt in einem BLAUBART-Programmheft des Wiener Burgtheaters von 1991. Daher rührt meine Wertschätzung beider Texte ebenso wie eine gefühlte innere Verbindung. Im Hinblick auf die berühmte, von vielen Schriftstellern und einigen Komponisten adaptierte Geschichte des Frauenmörders Blaubart wirkt Traum und Umnachtung wie ein Psychogramm des „Helden“ als Heranwachsender, wie der Vorausblick auf eine katastrophale Entwicklung.
AND DEATH SHALL HAVE NO DOMINION (2012)
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben
für zwei Frauenstimmen und Klavier nach einem Gedicht von Dylan Thomas (1914–1953)
Dylan Thomas’ gesamte Lyrik, stärker noch als die Ossip Mandelstams, wirkt in so hohem Maße sprachverrätselt, voll verdeckter Anspielungen und Geheimnisse, dass eine Übertragung in eine andere Sprache nahezu unmöglich scheint. Erich Fried sagt: „Es ist schwer, die Eigenart der Verse von Dylan Thomas nicht ihren Zauber zu nennen. Das Ineinander von kunstvollem Versbau, Assonanzen, Reimen, Halbreimen und assoziativen Querverbindungen hat etwas vom Surrealismus und etwas von alten lyrischen und hymnischen Traditionen seiner walisischen Heimat. Es wendet sich nicht nur ans Bewusstsein, sondern sucht durch unterschwellige Querstollen und Obertöne gleichzeitig kurze Wege zum Unbewussten.“ (Zitat gekürzt) • And Death shall have no Dominion ist der letzte Satz in meinem Zyklus THREE VERY SHORT REQUIEMS nach Gedichten von Dylan Thomas.
Die Ausführenden sind
Regina J. Kleinhenz, Sopran (Regensburg), studierte zunächst Kirchenmusik in Regensburg, danach folgte ein Hauptfachstudium Gesang an der Musikhochschule Würzburg bei Ingeborg Hallstein, 1990 das künstlerische Diplom. Sie konzertierte mit namhaften Orchestern (z.B. Münchner Symphoniker, Münchner Rundfunkorchester) im Oratorien- und Konzertbereich (Mozartfest Würzburg, Würzburger Bachtage, Europäische Festwochen Passau etc.) und wirkte bei Theater-, Rundfunk- und Schallplattenproduktionen, auch mit Neuer Musik, mit. Parallel zum Gesangsstudium pflegte sie ihre große Affinität zum Klavier intensiv weiter. Die Funktion als Klavierbegleiterin bei Gesangsmeisterkursen (besonders mit Ingeborg Hallstein), ein Lehrauftrag als Korrepetitorin an der Musikhochschule Würzburg, sowie die langjährige Zusammenarbeit als Sängerin u.a. mit dem Regensburger Barockensemble La Sfera zeigen ihre musikalische Vielfältigkeit. Ausgeprägte gesangspädagogische Fähigkeiten stellt sie seit Jahren engagiert der Ausbildung von Lehramtsstudenten an der Universität Regensburg zur Verfügung.
Die Münchnerin Gigi Pfundmair, Sopran (München), hatte zuerst privaten Gesangs- und Schauspielunterricht bei Elisabeth Hallstein und Marie Theres Gernot in München. Danach absolvierte sie ihr Gesangsstudium an der Hochschule für Musik Würzburg bei Ingeborg Hallstein. Nach dem Staatsexamen ging sie an die Hochschule für Musik Detmold zu Ingeborg Ruß. Während dieser Zeit hatte sie bereits einen Lehrauftrag für Gesang an der Universität Würzburg. Zahlreiche Konzerte führten sie unter anderem an die Philharmonie in Berlin, an das Staatstheater am Gärtnerplatz und an die Bayerische Staatsoper. Außerdem war Gigi Pfundmair als Gast am Würzburger Stadttheater engagiert und Preisträgerin diverser Wettbewerbe. In jüngerer Zeit unternimmt die Sängerin auch gern Ausflüge in andere musikalische Genres.
Michaela Schlotter, Klavier (Würzburg), erhielt ihre pianistische Ausbildung bei Kirsti Hjort und Erich Appel an der Hochschule für Musik Würzburg und erlangte 1998 das Meisterklassendiplom. Heute praktiziert sie eine rege Konzerttätigkeit als Solistin und Kammermusikpartnerin, die sie nach Japan, Italien, Rumänien und in die USA führte. Eine besondere Liebe der Pianistin gilt der Liedbegleitung. Mehrfach arbeitete sie mit Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin, Rainer Hofmann (Frankfurt) und Helmut Deutsch (München) zusammen. Sie war Gast bei renommierten Festivals wie den Würzburger Bachtagen, den Bad Kissinger Klaviertagen und dem Kissinger Sommer. 2000 erschien ihre erste Solo-CD mit Werken von Bach, Schumann und Ravel, die im Bayerischen Rundfunk vorgestellt und in der FAZ rezensiert wurde. Als Dozentin (Klavier und Liedbegleitung) lehrt sie an der Hochschule für Musik Würzburg.
Rudolf Ramming, Klavier (Würzburg), ist Dozent für Klavier und Kammermusik an der Hochschule für Musik Würzburg, Träger des Kulturförderpreises der Stadt Würzburg und unterrichtet auf nationalen und internationalen Kursen, u.a. beim Kammermusikkurs der Jeunesses Muscales auf Schloss Weikersheim. Neben seiner freien Konzerttätigkeit (z.B. in Russland und den USA) wirkte er am Festival Ulm, dem Würzburger Mozartfest und den Festungskonzerten, dem Kultursommer Brüssel sowie den Tagen der Neuen Musik in Halle, Bamberg und Würzburg mit. Einen großen Teil seines künstlerischen Engagements widmet Rudolf Ramming den jungen Hörern. Beachtliches Aufsehen erregte seine CD-Reihe „Musik im Kinderzimmer“ mit klassischer Klaviermusik für Kinder von 0 bis 10 Jahren, die u.a. in DIE ZEIT und in der Süddeutschen Zeitung vorgestellt wurde. Projekte mit Musik an Grundschulen und Kindertheaterstücke schlossen sich an.
1992 fanden sich beide im Klavierduo Schlotter/Ramming zusammen. Auftritte in der Meistersingerhalle Nürnberg, der Sedlmayerhalle München, bei den Würzburger Festungskonzerten und den Bad Kissinger Klaviertagen sind einige der Stationen ihres gemeinsamen Auftretens. Im Rahmen einer Konzertreise spielte das Duo im Oktober 2001 in Japan und im März 2002 in den USA. Das Repertoire der Künstler umfasst Werke zu vier Händen ebenso wie für zwei Klaviere, z.B. von Mozart, Schubert, Brahms, Milhaud, Rossini, Orff u.a. Die Idee, schöne Klaviermusik einem breiten Publikum zugänglich zu machen, führte zu den Konzerten „Gut gelaunt mit zwanzig Fingern“.
Klaus Lieb, Violine (Ansbach), beschloss sein Studium an der Hochschule für Musik Würzburg bei Prof. Conrad von der Goltz mit dem Meisterklassendiplom. Danach war er Mitglied des Kölner Kammerorchesters und vervollständigte gleichzeitig seine Ausbildung bei Franco Gulli in Luzern. Bei internationalen Kammermusikwettbewerben errang er einen 2. Preis in Colmar sowie je einen 1. Preis in Florenz und Paris. 1981 wurde ihm der Mozart-Preis der UAFM verliehen. Er war 3. Konzertmeister am Staatstheater Kassel, 1. Konzertmeister beim Philharmonischen Orchester der Stadt Bielefeld und 1. Konzertmeister der Nürnberger Symphoniker. Klaus Lieb ist seit 1975 Dozent für Violine an der Hochschule für Musik Würzburg und wurde 1996 zum Honorarprofessor ernannt. Als vielbeschäftigter Solist und Kammermusiker konzertiert er im In- und Ausland. 1992 gründete er das Kammerorchester Klaus Lieb. 1993 begann er mit der Herstellung eines Videofilms unter dem Titel „Elementare Bewegungsabläufe beim Geigenspiel“, dessen erster Teil „Der Bogenarm“ fertiggestellt ist.
Susanne Kolb, Klarinette (Schwäbisch Hall), absolvierte an der Hochschule für Musik Würzburg zunächst ein Studium für das Höhere Lehramt mit dem Hauptinstrument Saxophon, bevor sie ein künstlerisches Studium im Hauptfach Klarinette bei Prof. Manfred Lindner und Chorleitung bei Prof. Jörg Straube abschloss. Sie konnte im Philharmonischen Orchester des Landestheaters Coburg, des Mainfrankentheaters Würzburg, im Württembergischen Kammerorchester, bei den Nürnberger Symphonikern und den Bamberger Symphonikern Orchestererfahrungen sammeln. Seit September 2012 unterrichtet sie an der Städtischen Musikschule Schwäbisch Hall die Fächer Saxophon und Klarinette und ist als Chorleiterin tätig.
Thomas Streit, Sprecher (Bremen), studierte zunächst Germanistik und Musikwissenschaft an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität. Daran schloss er ein Studium der Schulmusik an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Dort erhielt er seine Gesangsausbildung bei Prof. Elisabeth Bengtson-Opitz. Er besuchte Meisterkurse in den Bereichen Liedgestaltung und Chorleitung u.a. bei Max Frey und Robert Spencer. Als Sänger und Chorleiter, zunehmend auch als Rezitator, konzertiert Thomas Streit mittlerweile im In- und Ausland. Dabei setzt er sich mit besonderer Vorliebe für wenig bekannte Komponisten und Werke ein. Es entstanden Rundfunk- und CD-Aufnahmen. Thomas Streit und Gernot Tschirwitz arbeiten seit über zwanzig Jahren künstlerisch zusammen.